Start 9 Interviews 9 „KEIN LOB ODER MITLEID. RESPEKT!“ IM GESPRÄCH MIT DGKP SOPHIE H.

„KEIN LOB ODER MITLEID. RESPEKT!“ IM GESPRÄCH MIT DGKP SOPHIE H.

von | Nov 4, 2021 | Interviews | 0 Kommentare

Sophie (22) hat ihren Bachelor in Gesundheits, – und Krankenpflege 2020 abgeschlossen und arbeitet seitdem auf einer Chirurgie in einem Wiener Krankenhaus. Im Interview mit Medinius erzählt sie uns wie sie den Einstieg in den Beruf gemeistert hat und wieso auch du ihr auf Instagram folgen solltest.

Hallo Sophie. Erstmal Danke für deine Zeit, die du dir für uns genommen hast.

Sehr gerne!

Wie bist du zur Krankenpflege gekommen? Was hat dich bewogen diesen Beruf zu wählen?


Ich wollte eigentlich schon immer (damals noch) „Krankenschwester“ werden. Obwohl keiner aus meiner Familie in der Pflege arbeitet (ein häufig zu beobachtendes Phänomen, dass mehrere Leute aus der Familie in der Pflege sind, wie ich finde). Ich war mir schon Pflegeschulen anschauen, als ich noch viel zu jung dafür war. Als aber klar war, dass ich im Gymnasium bleibe und Matura machen werde, hat sich ergeben, dass ich das Studium der Gesundheits-und Krankenpflege anschließen möchte. Gesagt, getan und nie bereut.

Du bist nun seit knapp über einem Jahr als Dipl. Gesundheits, – und Krankenpflegerin auf einer Chirurgie tätig. Welche sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen für MitarbeiterInnen, die in den Job einsteigen?


Zum einen die „plötzliche“ Verantwortung, die der Job mit sich bringt. Als Auszubildende führt man zwar auch schon Tätigkeiten alleine aus aber es liegt nicht die ganze Verantwortung auf einem. Kaum ist die Einschulung vorbei trägst du die Verantwortung für eine größere Anzahl an Patienten*innen und auch das was du anderen delegierst. Plötzlich leitest du selbst Schüler*innen an, während du vor ein paar Monaten selbst noch eine warst. Zum anderen ist es auch nicht so leicht sich in ein bestehendes System einzufinden. Stationsspezifische Abläufe, 1000 neue Menschen. Es ist einfach alles neu.

 

Welchen Rat würdest du Personen geben, die mit dem Studium fertig geworden sind und zu arbeiten beginnen?


Es wird besser! Es ist normal, dass du am Anfang verloren bist, aber du wirst sehen, irgendwann wirst du dich dabei erwischen, wie du genauso routiniert arbeitest wie die Kolleg*in, der du vor ein paar Wochen zugeschaut hast und dachtest, das schaffst du nie.
Und wenn du dich absolut nicht wohl fühlst auf deiner Arbeitsstelle, dann such dir was Neues. Es ist keine Schande nicht sofort den richtigen Platz zu finden, es kann sein, dass es dir gefällt, wie bei mir, aber es kann auch sein, dass du mehrere Anläufe brauchst um dein „zu Hause“ zu finden.

Apropos zu Hause. Ein guter Arbeitgeber kann dafür sorgen, dass man sich wohl fühlt. Welche Kriterien waren für dich ausschlaggebend deinen jetzigen Arbeitgeber auszusuchen?


Für mich stand immer fest, dass das Team das Wichtigste ist. Mich kann der Fachbereich der Station/Abteilung/etc. noch so interessieren, bringt alles nichts, wenn du kein gutes Team (inkl. Leitung) hast. Das haben mir meine Praktika gelehrt. Ich hatte noch zwei weitere Vorstellungsgespräche und hab einfach sofort bzw. einmal sogar davor in der Kommunikation gemerkt, dass das nichts wird. Der Ablauf des Vorstellungsgesprächs, die Atmosphäre und das Auftreten der Leitungen mir gegenüber waren für mich schon sehr aufschlussreiche Punkte. Schnuppertage haben mir auch geholfen zu entscheiden. Wobei ich glaube, dass man sich gewissermaßen auf sein Bauchgefühl verlassen muss. Natürlich spielen Arbeitszeiten, Gehalt und stationsspezifische Gegebenheiten (Besetzung, Größe, etc.) auch eine Rolle.

Ich habe gesehen, du studierst seit diesem Semester Gesundheitsmanagement & Digital Health. Wieso hast du dich für dieses Studium entschieden?

Ich bin (noch) wissensdurstig und motiviert Neues zu lernen. Ich wollte was lernen, was ich noch nie gelernt hab. Nach jahrelangem naturwissenschaftlichem Input hat es mir damit gereicht und ich wollte mir andere Aspekte meines Jobs ansehen. Digitalisierung und Management hat sich da angeboten, weil ich die Studieninhalte sehr spannend fand. Zudem ist es ein Online-Studium ohne Präsenz und damit perfekt in meinen Alltag integrierbar. Und ich wollte was machen, was mich im Zweifel auch irgendwann im Job weiterbringen kann.

Anmerkung der Redaktion: Sophie spricht hier vom Studium „MBA Gesundheitsmanagement & Digital Health“. Es wird in einer Kooperation der E-Learning-Consulting GmbH und der FH des BFI Wien angeboten.

Schwenk in die sozialen Medien. Du hast auf deinem Instagram Account fast 1.400 FollowerInnen. Was hat dich bewogen mit dem Account zu starten?

2018 habe ich den Account erstellt. Ich wollte damals etwas über mein Studium der Gesundheits- & Krankenpflege erzählen, schöne Bilder machen und vielleicht ein paar Leute motivieren. Das Studium kannten und kennen einige leider immer noch nicht und sind ganz verwundert, dass man Pflege studieren kann. Bis heute versuche ich also ein wenig mit Vorurteilen aufzuräumen und zu zeigen, was man in dem Job alles erlebt.

Falls ihr es noch nicht macht: Folgt Sophie auf Instagram! Sie hat einen tollen Account!

„Und dafür will ich kein Lob oder „Mitleid“. Nur den Respekt, der für andere Berufsgruppen auch aufgebracht wird.“

Welche Vorurteile oder Missverständnisse zum Beruf der Pflege hast du sonst schon gehört?

„Das ist ein Studium?“ „Ihr tuts eh nur waschen und Kaffee trinken.“ „Nur 3 Dienste in der Woche – ur chillig.“ „Pflege macht ja eh nur was der Arzt sagt.“ „Ah, das dürft ihr auch machen?“

Dass die Pflege eigenständige Kompetenzen hat ist für viele immer noch überraschend. „Ist das sowas wie Physiotherapie?“ fragte mich ein Bekannter, als ich erzählte, dass ich Pflege studiere.

Erst gestern sagte eine Patientin zu mir „Man hat ja keine Ahnung was sie alles machen, wenn man noch nie im Spital war und sieht was sie leisten.“

Und dafür will ich kein Lob oder „Mitleid“. Nur den Respekt, der für andere Berufsgruppen auch aufgebracht wird. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Pflege mehr als Wissenschaft und weniger als Nächstenliebe ansehen, das würde helfen. Obwohl ich hier keineswegs die zwischenmenschliche Komponente schlecht reden will – aber das eine funktioniert eben ohne das andere auch nicht. In den Medien wird zudem oftmals nur das negative kommuniziert. Während die einen glauben, dass wir gar nichts arbeiten entsteht bei anderen das Bild eines schrecklich zermürbenden und anstrengenden Jobs, den keiner mehr machen will. Es gibt sicherlich großen Verbesserungsbedarf, aber es ist trotzdem ein toller Job.

Was würdest du dir für die Zukunft der Krankenpflege wünschen?

Dass wir nicht alles mit uns machen lassen, nur weil wir wissen, dass wir es irgendwie immer schaffen.
Dass wir auf unserer Professionalität beharren, neue Innovationen zulassen und uns weiterentwickeln. Mut zur Veränderung und Offenheit für Neues.

Innovation in der Pflege wird gerne mit dem „Roboter“ in Verbindung gebracht, der uns untersützen soll. Welche Innovationen würden unsere Arbeit deiner Meinung nach erleichtern?

Ich habe erst letztens in einer Fortbildung ein System kennengelernt, dass die Patient*innenkommunikation über ein Tablet mit verschiedenen Berufsgruppen ermöglicht. Das möchte ich auch haben! Auf 18 verschiedenen Sprachen können die Patient*innen anhand von Icons ihr Anliegen „abschicken“ und das System erkennt an wen diese Bitte gerichtet ist. Dadurch erspart man sich viel Zeit und Laufwege.

Ich kann mir zum Beispiel auch die Integration von Videotelefonie für Patient*innen vorstellen, die keinen Besuch bekommen (können). Auch im Bereich der Schmerztherapie sehe ich Möglichkeiten vermehrt Technologie einzusetzen, wie Virtual Reality oder ähnliches. Ich glaube hier gibt es noch ganz viel Potenzial aber frag mich das am Ende meines Studiums nochmal. 

Das werden wir sicher machen! Vielen Dank für deine Zeit und den kleinen Einblick in die Welt des Pflegeberufs. Das Interview führte Thomas.

 

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